1. These: "Die medizinischen Vorteile einer Beschneidung wiegen schwerer als mögliche Risiken"
1.1. Das Risiko der Ansteckung mit sexuell übertragbare Krankheiten wird durch die Beschneidung verringert
1.1.1. Evidenzen?
1.1.1.1. Evidenz (Statistik): In den USA kamen in den 80er Jahren von 36tausend unbeschnittenen männlichen Säuglingen zwei im ersten Lebensmonat zu Tode. Im gleichen Beobachtungszeitraum war unter 100tausend beschnittenen männlichen Säuglingen kein Todesfall zu verzeichnen
1.1.1.1.1. Hängt der beobachtete Unterschied kausal mit der Beschneidung zusammen?
1.1.1.2. Evidenz (Auswertung der Forschungsliteratur): Die systematische Auswertung der peer-reviewed Forschungsliteratur aus den Jahren 1995 bis 2010 legt nahe, dass der Nutzen in der Gesundheitsprävention gegenüber möglichen Risiken überwiegt - behauptet die American Academy of Pediactrics in ihrem Policy Statement vom 22.08.2012. Die Sachlage rechtfertige, dass es Eltern, die eine Beschneidung befürworten, ermöglicht werden sollte, diese durchzuführen und dass die Krankenkassen dafür aufkommen sollten
1.1.1.2.1. Ist dies (das Policy Statement der US-Kinderärzte) die einhellige Meinung?
1.1.1.3. Evidenz (Klinische Studien): 40%-60% weniger HIV-Infektionen unter heterosexuellen Männern in Gegenden mit hoher Aids-Rate (Afrika). Geringeres Risiko der Infektion mit HPV und Genitalherpes.
1.1.1.3.1. Einige der zitierten Untersuchungen wurden in Afrika durchgeführt, wo HIV - anders als in den USA - unter heterosexuellen Männern stark verbreitet ist. Die Ergebnisse sind von daher nicht auf die USA übertragbar, wo die HIV-Infektion unter Heterosexuellen hauptsächlich Drogenkonsum bewirkt wird, betont die New York Times in ihrem Bericht. (Die in Ergebnisse der Afrika zwischen 2005 und 2007 durchgeführten Untersuchungen waren es übrigens auch, die den Ausschlag dafür gaben, dass die Kinderärztevereinigung ihre frühere Position (1999) revidierte!)
1.1.1.3.2. Sind die zitierten Studien eine Evidenz für die Präventionswirkung von Beschneidung auch in den USA?
1.1.1.3.3. Was sagen diesen Zahlen aus?
1.1.1.3.4. Wie sind die Studien in Fachkreisen beurteilt worden?
1.1.1.4. Evidenz (Plausibilität): Der beschnittenen Penis hat mehr 'Hornhaut': die Gefahr von Verletzungen und in der Folge des Eindringens von Krankheitserregern ist geringre
1.1.1.5. Evidenz (Plausibilität): Das Vorhautinnere ist anfällig für kleinere Verletzungen, durch die Viren und Bakterien eindringen können. Der unbeschnittene Penis hält diesen Viren und Bakterien sozusagen gefangen. Auf diese Weise verlängert sich der Zeitraum der Exposition - und damit die Infektionsgefahr.
1.1.2. Das Ansteckungsrisiko lässt sich, effektiver sogar, mittels Kondomen reduzieren - ohne dass eine medizinisch nicht notwendige Amputation (Beschneidung) vorgenommen werden muss! (Das Wort "Kondom" wird in dem Bericht der US-Kinderärztevereinigung nicht einmal erwähnt!)
1.2. Evidenz (Statistik): In den USA kamen in den 80er Jahren von 36tausend unbeschnittenen männlichen Säuglingen zwei im ersten Lebensmonat zu Tode. Im gleichen Beobachtungszeitraum war unter 100tausend beschnittenen männlichen Säuglingen kein Todesfall zu verzeichnen
1.2.1. Folgt aus der Studie, dass die Beschneidung die Ursache für den beobachteten Unterschied ist?
1.3. Direkte Abwägung: 100 Beschneidungen müssen durchgeführt werden, um 1 Infektion mit einer sexuell übertragbaren Krankheit zu verhindern. Auf 5 Verhinderungen einer sexuell übertragebaren Krankheit kommt 1 Fall von Komplikationen (Blutungen; Infektionen), die durch die Beschneidung verursacht werden.
1.4. Neben der Präventionswirkung müssen auch die Schmerzen berücksichtigt werden, die einem Kind durch die Beschneidung zugefügt werden
1.4.1. Erleiden die Betroffenen notwendig starke Schmerzen?
1.4.1.1. Mit Hilfe von Betäubungsmitteln lassen sich die durch eine Beschneidung veursachten Schmerzen angemessen reduzieren - auch bei Babies
1.4.1.1.1. Die Beobachtung von Herzfrequenz, Sauerstoffversorgung und Gesichsausdruck während der unter fachgerechgter Betäubung vorgenommenen Beschneidung spricht dafür, dass die Schmerzen effektiv unterdrückt werden
1.5. Selbst wenn es (leichte) medizinische Vorteile geben sollte: Dies rechtfertigt nicht, dass Eltern über den Kopf ihrer Kinder hinweg diese Entscheidung fällen dürfen! (Beschneidung verletzt nämlich die körperliche Integrität)
1.6. Ist das Abwägung von Vorteilen und Risiken aus ärztlicher Sicht überhaupt die richtige Vorgehensweise?
1.6.1. Gehe zu: "Die Durchführung einer Beschneidung..."
2. Faktencheck ist ein Projekt von debattenprofis.de. Das Projekt wird von der Robert Bosch Stiftung gefördert.
2.1. Legende
2.2. Forenbeiträge werden in die Karte übertragen!
2.3. Literatur
2.4. Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen
3. These: "Die Durchführung einer Beschneidung ohne Indikation widerspricht ärztlichem Ethos!"
3.1. "Niemandem schaden": Dieses Prinzip gilt für ärztliches Handeln vor allen anderen Überlegungen
3.1.1. Wirklich?
3.1.1.1. Im Eid des Hippokrates (um 460 bis um 370 vor Christus) ist unter anderem zu lesen: "Ich werde ärztliche Verordnungen treffen zum Nutzen der Kranken nach meiner Fähigkeit und meinem Urteil, hüten aber werde ich mich davor, sie zum Schaden und in unrechter Weise anzuwenden."
3.1.1.2. "Primum nihil nocere - zuerst einmal nicht schaden" (formuliert von dem Arzt Scribonius Largus am Hof von Kaiser Tiberius Claudius).
3.1.1.3. Es ist ein größeres Übel, wenn Eltern, weil der Arzt die Beschneidung ablehnt, die Operation irgendwo im Hinterhof durchführen lassen!
3.1.1.3.1. Ist das Argument überzeugend?
4. Was sind die Risiken der Beschneidung von Jungen im Säuglings- oder Kleinkindalter?
4.1. These: "117 Neugeborene sterben in den USA jährlich an den Folgen einer Beschneidung" (von R. Merkel im Ethikrat zitierte Studie)
4.1.1. Contra (Evidenz: Autorität): Die genannte Studie ist nicht in einer peer-reviewed medizinischen Fachzeitschrift erschienen, sondern im einem kulturwissenschaftlichen Journal, das sich dem Thema "Boyhood Studies" widmet
4.1.2. & (1-6): Aus der Auswertung von Krankenhausstatistiken lässt sich die Zahl der Beschneidungsopfer hochrechnen
4.1.2.1. (1) Nach Krankenhausstatistiken sterben in den USA 35.9 Jungen im Jahr im Kontext von Geburt oder Beschneidung im Krankhaus
4.1.2.1.1. Gibt es alternative Zahlen?
4.1.2.2. (2) Männliche Säuglinge haben ein 40,4% höheres Todesrisiko als weibliche
4.1.2.3. (3) Das höhere Sterblichkeitsrisiko männlicher Säuglinge hängt mit der Beschneidung zusammen
4.1.2.3.1. Hängt das höhere Sterblichkeitsrisiko wirklich mit der Beschneidung zusammen?
4.1.2.4. (4) Von den 35.9 Jungen, die im Jahr im Kontext von Geburt und Beschneidung bereits in der Klinik sterben, kommen demnach 40,4 Prozent durch die Beschneidung zu Tode: das sind 35.9 Tote pro Jahr
4.1.2.5. (5) In der Summe kommen 14,5 neugeborene Jungen im Jahr bereits im Krankenhaus durch die Beschneidung ums Leben - so das Resümee von Studien-Autor Dan Boll
4.1.2.5.1. Stimmt diese Rechnung?
4.1.2.6. (6) Hinzu kommen Todesfälle, die sich unmittelbar (28 Tage) nach dem Aufenthalt in der Klinik (Durchschnitt 2,4 Tage) ereignen. Die sind 7.72 mal so viele Todesfälle wie in der Klinik
4.1.2.7. (7) Entsprechend muss von 112 Beschneidungstoten insgesamt ausgegangen werden (14,5 * 772%). Das sind 9.01 Tote auf 100tausend Beschneidungen in der Klinik
4.1.2.7.1. Ist diese Schätzung plausibel?
4.1.2.8. (8) Wenn man jetzt davon ausgeht, dass im Jahr insgesamt 1.299 Mio Beschneidungen durchgeführt werden (nicht nur in der Klinik), kommt man bei Zugrundelegung der kalkulieren Todesrate auf 117 Todesfälle im Jahr für die USA.
4.2. Der zum Policy Statement gehörige technische Report der US-Kinderärztevereinigung geht davon aus, dass es in 0,19 bis 0,22 % aller Fälle Komplikationen gibt - Blutungen, Infektionen oder Verletzungen des Penis (0,04 %) [US-Daten]. Eurpäische Studien gehen von 1,2 bis 3,8% Komplikationen aus.
4.3. Auch beim Lustempfinden spielt die Vorhaut eine Rolle: Im Gegensatz zur Eichel, die über eine Tiefensensibilität verfügt, finden sich in der Vorhaut sogenannte Tastkörperchen, die in dieser Dichte nur noch an den Fingerkuppen, den Lippen und den Augenlidern vorkommen. Nicht umsonst wird die Vorhaut als erogene Zone des Mannes bezeichnet. Männer, die erst im Erwachsenenalter beschnitten worden sind und darum einen Vergleich ziehen können, berichten in signifikanter Mehrzahl über einen Sensibilitätsverlust an dieser Stelle. (M. von Stehr im Spiegel)
4.3.1. Wirklich: Sensibilitätsverlust bei der Mehrheit?
4.3.1.1. Aufschlussreich die Suchmaschinen-Resultate zu “Beschneidung vorher nachher”. Auch: die Wikipedia-Seite zur “Zirkumzision“. Sowohl Erfahrungsberichte wie Ergebnisse von Studien zeichnen kein eindeutiges Bild, was die Verbesserung oder Verschlechterung sexueller Funktionen durch die Beschneidung betrifft. Es werden auch Vorteile berichtet!
4.4. Folgeoperationen: "Die Vorhaut schützt nach der Geburt die Eichel und die Harnröhrenöffnung vor Reibung und Austrocknung. Nach einer Beschneidung verdickt und verhornt sich regelmäßig die Oberfläche der Eichel. Das kann zu einer Verengung der Harnröhrenöffnung führen, der häufigsten Komplikation bei Beschneidungen im Säuglingsalter, die in bis zu 30 Prozent der Fälle auftritt. Nicht selten sind dann gar mehrere Operationen nötig, damit die Kinder ihre Blase normal entleeren können." (M. von Stehr im Spiegel)
5. Welche Risiken sind für eine medizinisch nicht indizierte Behandlung noch im Rahmen des Verantwortbaren?
5.1. Man muss das (Todes)Risiko einer Beschneidung abwägen gegen das Todesrisiko durch Krankheiten, die durch eine Bescheidung verhindert werden können
5.1.1. Die Abwägung von Nutzen und Risiken ist dann nur bedingt relevant, wenn die Beschneidung durch einen Arzt vorgenommen wird. Ethische Richtline für ärzltiches Handeln ist nicht die Kosten-/Nutzen-Analyse, sondern das Prinzip, zuallerst niemandem Schaden zuzufügen.
5.2. Bei der Abwägung sollte auch eine Rolle spielen, dass die Beschneidung nicht unerhebliche Schmerzen verursacht
6. Welche medizinischen Vorteile hat die Beschneidung?
6.1. Die Beschneidung verringert das Risiko von Krebserkrankungen am Penis, Infektionen der Harnröhre und der Ansteckung mit sexuell übertragbaren Krankheiten
6.1.1. Gehe zu ...